Sammler schweigen, Hyperfine auch von Benjamin Scharff 2009
Ein kleiner Stern fällt vom Himmel. Er fliegt durch die Wolken, verfehlt um Haaresbreite einen Vogel und erschlägt in der Kastanienallee einen Rentner. Dies ist einer dieser Tage, obwohl immer einer dieser Tage ist. Mönche sagen dir, dass das Jahrhundert in dem wir leben sehr vielversprechend ist und vermutlich haben sie auch Recht damit. Aber einzigartig wäre eher eine Zeit, die nicht so vielversprechend wäre. Nun könnte man davon ausgehen, dass das Leben einfach prächtig ist, immerhin ist es von links nach rechts vielversprechend, oder Mönche sind einfach nur viel zu optimistisch.
Der Stern liegt nun auf einem Tisch, in einem kahlen Raum. Der Gerichtsmediziner Lulli (jeder nennt ihn Lulli) wirft einen Blick darauf, „Ganz eindeutig ein Stück eines viel größeren Dings.“ murmelt er, schreibt auf seinen Notizblock „Arsch“ und zeichnet einen Penis daneben. Noch heute Abend wird er diese Botschaft auf den Schreibtisch eines Kollegen platzieren und in hämischer Schadensfreude auf seine Reaktion warten. Da er aber auch Sammler ist, hebt er sich den kleinen Meteor auf, um ihn später in seiner Galerie auszustellen. „Gottes zweiter Versuch“ wird es heißen und genau neben dem Hyperfin, dass neulich vom Himmel fiel stehen. Damals ist der Rentner mit einem gebrochenen Arm davon gekommen. Er war es, der Lulli das Hyperfin brachte und er ist es auch, der nun mit gebrochener Schädeldecke auf dem Metalltisch liegt. Lulli hatte das Hyperfin restauriert und nie gefragt, wo es herkam. Lulli fragt nicht nach solchen Dingen. Lulli ist ein Sammler. Und Sammler schweigen.
Auf Nachfrage kann man den Hyperfin in Bronze bestellen.