Was machen Sie als nächstes?

Nach zahllosen Kontaktaufnahmen über seine  Galerie  ergibt sich endlich eine Gelegenheit für mich, den vielbeschäftigten Aktions-  und Performance- Künstler Daniel Chluba persönlich zu treffen. Der Mittzwanziger gibt sich erstaunlich redegewandt und vergisst bei einem extra staken Gimlet für einen Moment seine starke Abneigung gegen diese Art des Pressekontakts, unter vier Augen und mit eingeschaltetem Aufnahmegerät. Die Musik  ist laut.  Ich  bekomme alle meine Fragen beantwortet, trotz ständiger Unterbrechungen wegen  irgendwelcher  Telefonate.

Daniel Chluba:  Sie  haben gesagt: „Ich hasse Ideen!“ Warum?

Daniel Chluba:  Ich wollte sagen: „Ich habe Ideen.“ Ist nur ein Schreibfehler.

Daniel Chluba:  Wirklich?

Daniel Chluba:  Nein! Als Antagonistischer Kunst Clown  muss man Ideen hassen!

Daniel Chluba:  Wie ist Ihre Arbeitsweise als Antagonistischer Kunst Clown?

Daniel Chluba:  Ich bin einfach immer gegen alles und versuche keine besseren Vorschläge zu machen. Die Besserwisser kann ja eh keiner leiden, wie man ja an den Beispielen Klimawandel, Atomenergie und Kinderarbeit sieht.

Daniel Chluba:  Aber ihre Methoden sind doch schon sehr konzeptuell?

Daniel Chluba:  Meine Herangehensweise ist scheinbar konzeptuell. Der rote Faden scheint mir das  Spielen  mit mash-ups zu sein. Nichtkunst wird Kunst, Professionalisierung wird Dilettantismus, Original wird Fälschung, Subkultur wird Kultur, Schein wird Sein, Alles wird Nichts.

Daniel Chluba:  Und was ist mit dem Humor in Ihren Arbeiten?

Daniel Chluba:  In meinen Arbeiten gibt es keinen Humor!

Daniel Chluba:  Macht Sie Ihre ständige Selbstdarstellung nicht müde?

Daniel Chluba:  Nein. Es ist keine Selbstdarstellung;  es ist eine Selbstinszenierung.  Facebook, Instagram und die Kunst bieten die Möglichkeit, ein zweites Leben im Leben zu  leben. Es ist doch ein interessantes Spiel, dass man jetzt die Fremdwahrnehmung gezielt  steuern  kann.

Daniel Chluba:  Wieso sind Sie bei so vielen Performance nackt?

Daniel Chluba:  Da bin ich old school:  Performance nackt, Aktion bekleidet.

Daniel Chluba:  Würden Sie Ihre typische Performance als „niedrigschwellig und nackt“ beschreiben oder lieber mit Jan Oberländers Worten als „provokant und oberkörperfrei“?

Daniel Chluba:  Der volle Körpereinsatz ist der beständige Bestandteil meiner Arbeit. Mein Körper dient als Spiegel der Gesellschaft, als Spiegel der Kultur, als Spiegel der Politik und auch als Spiegel der Wirtschaft.

Daniel Chluba:  Sie tragen seit 15 Jahren nur rote Kleidung. Warum?

Daniel Chluba:  Es  ist eine Teilleistungsstörung.  Aber lasst uns doch lieber über Pudel reden, die den Dinosaurier anpissen. Im November 2013 war ich bei der Gründung von  wirwollennichtzurdocumenta14.de  mit dabei, einer Online-Petition gegen den Dinosaurier documenta, bei der man sich eintragen kann, wenn man nicht zur documenta will.

Daniel Chluba:  Warum wollen Sie nicht Teil der documenta sein?

Daniel Chluba:  Die documenta ist der größte ausgestorbene Dinosaurier. Und jeder neue Kurator behauptet, er könne ihn wiederbeleben. Sicher kann man von einem großen alten Saurier noch etwas lernen. Aber man darf die anderen Saurier – nehmen Sie z. B. die Flugsaurier – nicht vergessen. Für sich genommen sind die nicht so groß, aber der Himmel ist so voll von diesen Biestern. Überall diese Biennalen, Triennalen, Quadriennalen, Festivals, Kulturveranstaltungen, Wettbewerbsausstellungen, Kunstvereine, Privatmuseen usw. Die Sonne kommt kaum noch durch. Als Künstler muss man einfach gegen alles sein, was zu groß ist.

Daniel Chluba:  Was sagt Adam Szymczyk dazu?

Daniel Chluba:  Adam Szymczyk hat versucht es so hinzustellen, als sei unsere Petition nur eine Anbiederung, lediglich eine Art von Bewerbung für die documenta. Aber wir wollen da einfach nicht mitspielen.

Daniel Chluba:  Worum ging es bei der Arbeit  Lukas Julius Keijser und Daniel Chluba brauchen #deinGeld (für Kunst)?

Daniel Chluba:  Es ging darum, Geld für Kunst zu sammeln! Die Aktion war eine  Kooperation  von Lukas Julius Keijser und mir. Wir haben sie anlässlich der beiden Berliner Kunstmessen abc – art berlin contemporary und Positions Berlin entwickelt, um zielgerichtete Spenden für die Kunst zu erhalten – genau wie Maike Cruse, die Direktorin der Kunstmesse abc 2016, die auch um Subventionen bettelt. Wir haben Eimer mit Schildern aufgestellt, auf denen ein Verwendungszweck stand, z.B. „Geld um ein Kritiker- Künstler- Kuratoren- Diskurs- NETZWERK zu kaufen“, „Money for Champagne“, „Money for facebook likes“ oder „Geld für Eintrittskarte der abc“.

Daniel Chluba:  Konnte man auch mit  EC-Karte oder Kreditkarte Geld stiften?

Daniel Chluba:  Na klaro. Um Spenden von größeren Geldbeträgen oder Daueraufträge zu ermöglichen, verteilten wir zusätzlich Flyer mit unseren Bankdaten, die natürlich auch jederzeit per Mail mitgeteilt werden können.

Daniel Chluba:  Warum war bei den Eimern „Geld für geilen Sex für geile Galeristen,  Kuratoren, Sammler, Oligarchen und  Museumsdirektoren“, „Geld für gute Drogen für gute Galeristen,  Kuratoren, Sammler, Oligarchen und  Museumsdirektoren“ und „Geld für Rock´n Roll für Galeristen,  Kuratoren, Sammler, Oligarchen und  Museumsdirektoren“ der Museumsdirektor durchgestrichen?

Daniel Chluba:  Museumsdirektoren sind einfach unwichtig. Sie sind total abhängig vom Kunstmarkt und von Sponsoren. Mit Museumsdirektoren zu reden, ist also totale Zeitverschwendung. Udo Kittelmann will, dass ich mich mal mit ihm treffe. Aber was soll das bringen?

Daniel Chluba:  Was bedeutet der Verwendungszweck „Geld für politische Kunst (wie Wolfgang Tillmanns)“?

Daniel Chluba:  Leider hat uns keiner Geld für politische Kunst gegeben. Die meisten haben uns Geld für Champagner gegeben.

Daniel Chluba:  2016 gewannen Sie den Kunstpreis des Kunstvereins Oerlinghausen mit der Performance „Der gute Zentaur mit dem Bart von Oerlinghausen“.Sie  lebten sieben Tage lang als guter Zentaur in Oerlinghausen. Der Zentaur lief durch die Stadt, ließ sich beim Friseur die Schweifhaare schneiden, ging bei Rossmann einkaufen, besuchte die Kühe auf der Weide, verteilte Süßigkeiten und ließ Dönerverkäufer und Kinder auf sich reiten.

Daniel Chluba:  Ja, genau. Was war die Frage?

Daniel Chluba:  Die Kaiserlich Königliche Kindliche Majestät Hartzkönigin IV. wurde in einer roten Sänfte mit der Aufschrift „Wir lieben das System“ zum Stadtschloss getragen. Vor dem Schloss haben die Kaiserlich Königliche Kindliche Majestät Hartzkönigin IV. und die Polizei  beschlossen, dass die Kaiserlich Königliche Kindliche Majestät Hartzkönigin IV. sich um die Gegendemonstranten kümmern soll, vor denen der offizieller Sprecher der Kaiserlich Königlichen Kindlichen Majestät Hartzkönigin IV. eine flammende Rede auf das wunderbare System, die unglaubliche Kaiserlich Königliche Kindliche Majestät Hartzkönigin IV. und das großartige geschichtsglättende Berliner Stadtschlosses gehalten hat. Als…

Daniel Chluba:  Ich dache es geht hier um mich und nicht um die Kaiserlich Königliche Kindliche Majestät Hartzkönigin IV.


Daniel Chluba:  Wie wäre es mit dieser Frage:  Was ist der „Dixicuzzi“?

Daniel Chluba:  Der Dixicuzzi ist eine „wellnessskulPtur“ für den öffentlichen Raum. Ich habe zwei Dixi-Toiletten zu einem Jacuzzi, das heißt zu einer beheizbaren mobilen Badewanne (hot tub) umgebaut. Die umgeschmissenen, gehackten und upgecycleten Dixi-Toiletten werden mit 42 C° warmem Wasser gefüllt.  Darin wird dann ein kollektives Bad genommen. Ähnlich wie bei den Thermen im alten Rom ist der Dixicuzzi ein temporärer sozialer Raum, an dem mit Hilfe von Kippen und alkoholischen Freigetränken das ur-proletarische Kulturritual des Saufens in der Tradition des All-Inclusive-Urlaubs und des pubertären Komasaufens künstlerisch erforscht wird. Wobei Erbrechen und spontanes Urinieren nur außerhalb des Dixicuzzis erlaubt sind.

Daniel Chluba:  Stimmt es, dass man das Erfolgsmodell Dixicuzzi, das bereits durch Ostdeutschland getourt ist, auch in Bronze kaufen kann?

Daniel Chluba:  Ja, es gibt eigentlich alle meine Performances und Aktionen auch in Bronze zu kaufen.

Daniel Chluba:  Was hat der Dixicuzzi mit der mobilen Galerie  Dixiland.org  zu tun?

Daniel Chluba:  Dixicuzzi  und  Dixiland.org  sind  ein Multitool: Man kann aus den Einzelteilen entweder einen Jacuzzi, den „Dixicuzzi“, oder die Galerie  Dixiland.org  errichten. Mit zwei anderen Künstlern habe ich 2009 die kleinste mobile Galerie Berlins,  Dixiland.org, gegründet. Von außen sind die zwei Dixiklos originalbelassen. Betritt man sie, befindet man sich in einem White Cube. Damit haben wir verschiedene Einzel- und Gruppenausstellungen im öffentlichen Raum organisiert, z.B. „drei Tage – drei Künstler“ oder einen schwimmenden Skulpturenpark auf dem Weißen See.

Daniel Chluba:  Eine andere  Idee von Ihnen ist eine Portraitserie mit Sahnehut. Worum geht es da?

Daniel Chluba:  Es ist keine Idee. Es ist eine Aktion. Es geht darum, möglichst vielen Menschen einen Sahnehut auf den Kopf zu setzen.

Daniel Chluba:  Wie ist es, in Berlin ein Künstler zu sein?

Daniel Chluba:  Berlin ist eine kolossale Stadt, die vom Mythos des alten Berlin zehrt, als es noch jede Menge Freiräume gab, die besetzt werden konnten. Früher war eh alles besser. Beuys hat gesagt, jeder sei ein Künstler. In Berlin ist das jetzt zu einem Horrorszenario geworden. Wirklich jeder Mensch ist ein Künstler: die Frau an der Kasse, meine Putzfrau, mein Zahnarzt, selbst alle mein Ex-Freundinnen sind Künstlerinnen.

Daniel Chluba:  Wie ist der Kunstmarkt in Berlin?

Daniel Chluba:  Berlin ist nur ein Biotop für Kreative, die Dank der Globalisierung ein bisschen Geld von außen bekommen, zum Träumen und Spielen. Berlin besteht nur aus Künstlern. Was fehlt sind die Käufer, weil die Künstler kein Geld haben, um Kunst zu kaufen. Die kaufen lieber Bananen.

Daniel Chluba:  Welche anderen Künstler mögen Sie?

Daniel Chluba:  Ja – Daniel Chluba.

Daniel Chluba:  Welche Frage wurde Ihnen noch nie gestellt, von der Sie sich wünschen würden, dass sie Ihnen einmal gestellt wird?

Daniel Chluba:  Das ist eine sehr interessante Frage. Ich möchte Sie nicht durch eine Antwort verderben.